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Schuhkarton-Streit: Warum Deichmann wegen Müll-Kosten klagt
Fr, 28.11.25 05:10· Quelle: dpa-AFX
Handelskette
Gelsenkirchen/Osnabrück (dpa) - Mit einer Klage gegen eine Überwachungsbehörde möchte der Schuhhändler Deichmann Kosten für die Entsorgung von Schuhkartons drücken. Klappt das, könnten auch die Preise für Schuhe etwas sinken. Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen kommt es am Freitag (10 Uhr) zur mündlichen Verhandlung, bei dem zunächst ein Gutachten vorgestellt wird und gegen Mittag ein Urteil folgen könnte (Aktenzeichen 9 K 539/22).
Was Deichmann an dem Entsorgungssystem bemängelt - und warum der Prozess auch für Verbraucher relevant werden könnte. Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Was ist das Problem?
Rund 90 Millionen Paar Schuhe hat Deichmann im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft. Gelagert werden die Schuhe in Papp-Kartons. Aber was passiert nach dem Kauf mit ihnen? Typischerweise bleiben sie im Shop und der Kunde nimmt nur die Schuhe mit, heißt es von Deichmann.
Obwohl sich Deichmann selbst um die Entsorgung der im Shop verbliebenen Kartons kümmert und über eigene Wege recycelt, muss der Schuhverkäufer Geld an einen Mülldienstleister zahlen, ein «duales System», was die Abholung, Sortierung und Wiederverwertung von Abfall an den Haushalten der Verbraucher organisiert. Das hält Deichmann für unsinnig, schließlich landeten dort kaum Kartons - die seien ja im Geschäft geblieben.
Für diese Lizenzierungspflicht - also die Pflicht zur Bezahlung besagter Mülldienstleister - ist wiederum die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) zuständig, eine Überwachungsbehörde aus Osnabrück. Sie kontrolliert, ob alle Inverkehrbringer von Verpackungen auch für die Abholung, Sortierung und Aufbereitung des Mülls aufkommen, der beim Endverbraucher in der Mülltonne gelandet ist, bei Papier und Pappe also in der Blauen Tonne.
Deichmann möchte von dieser Zahlungspflicht befreit werden. Nicht nur Deichmann, sondern die gesamte Schuhbranche leide unter der Problematik, sagt Axel Augustin vom Bundesverband des Deutschen Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandels (BTE).
Was sagt die Behörde?
Die Zentrale Stelle Verpackungsregister macht Deichmann bislang einen Strich durch die Rechnung - sie hält die Kartons für «systembeteiligungspflichtig», schließlich landeten die Kartons «überwiegend» beim privaten Endverbraucher, zumal die über den Online-Shop versandten Schuhkartons ja komplett beim Konsumenten blieben. Dabei stützt die Behörde sich auf eine Analyse der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung.
Vor der Gerichtsverhandlung gibt sich die ZSVR gelassen. Eine Sprecherin sagt: «Wir begrüßen, dass nun erstinstanzlich über die Einordnung von Schuhkartons entschieden wird.» Das schaffe Rechtssicherheit und Klarheit für alle Beteiligten und stärke gleiche Wettbewerbsbedingungen.
Was könnte sich für den Verbraucher ändern?
Deichmann moniert, dass die Firma derzeit doppelt zahle: einmal für das eigene Abfallsystem und einmal über die Kosten für das duale System, obwohl dieses «faktisch nicht belastet» werde mit Karton-Müll von Deichmann. Das seien «Kosten, die am Ende auch die Verbraucher treffen», heißt es von der Firma. «Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist das weder gerecht noch sachlich begründbar.» Deichmann hat seinen Firmensitz in Essen, was im Zuständigkeitsbereich des Gelsenkirchener Verwaltungsgerichts liegt.
BTE-Verbandsgeschäftsführer Augustin weist darauf hin, dass die haushaltsnahe Entsorgung deutlich teurer sei als die Entsorgung von Schuhkartons, die als Transportverpackungen im Geschäft bleiben und von einem Dienstleister abgeholt werden. Die Lizenzierungspflicht erhöhe die Kosten innerhalb der Schuhbranche und mache Schuhe damit teurer, sagt er. Im Umkehrschluss heißt das: Sollten sich Deichmann und später auch andere Schuhhändler gegen die Behörde durchsetzen, könnten die Preise für Schuhe etwas sinken oder zumindest stabil bleiben.
Wie stehen die Chancen von Deichmann?
Schwer zu sagen, denn es gab bislang noch keinen anderen Schuhhändler, der gegen die Lizenzierungspflicht vorgegangen ist. Klagen von Firmen aus anderen Branchen hat die Behörde schon einige hinter sich, die meisten davon hat sie gewonnen.
Einige Beispiele: Ein Lebensmittelhersteller wollte die Eimer, in denen Mayonnaise aufbewahrt wird, von der Systempflicht und damit von den Zusatzkosten ausgenommen haben, doch das Verwaltungsgericht Osnabrück wies die Klage ab.
Ein Hersteller von Schnullern scheiterte ebenfalls mit dem Vorhaben, Schnuller-Boxen auszunehmen. Begründung des Osnabrücker Verwaltungsgerichts: Schnuller-Boxen seien selbst keine Waren, sondern eben nur Verpackungen, mit denen Schnuller verkauft werden.
Erfolg hatte hingegen die Klage eines Seifenblasen-Herstellers, der das Behältnis, in dem auch der Blasring ist, nicht als bloße Verpackung, sondern als Teil des Spielzeugs einstufte und sich damit vor dem Osnabrücker Verwaltungsgericht durchsetzte.
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