Ein 10-Euro-Schein ist in einer Mausefalle eingeklemmt.

Die „Value Trap“: Wenn das günstige
KGV zur Kostenfalle wird

Eine Aktie mit einem scheinbar unschlagbar niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) lockt wie ein Schnäppchen im Supermarkt. Schnell denkt man: "Das muss ein Kauf sein! Hier bekomme ich viel Wert für mein Geld." Doch Vorsicht! Was auf den ersten Blick wie eine goldene Gelegenheit aussieht, kann sich schnell als tückische „Value Trap“ entpuppen – eine Wertfalle, die dein Anlagekapital langfristig schmälert.

Was genau ist eine „Value Trap“?

Eine „Value Trap“ beschreibt die Situation, in der eine Aktie oder ein anderes Anlageinstrument aufgrund fundamentaler Kennzahlen, wie beispielsweise einem niedrigen KGV, als unterbewertet erscheint. Investoren werden von dieser scheinbaren "Günstigkeit" angezogen. Der Haken dabei: Oftmals gibt es triftige Gründe für die niedrige Bewertung. Das Unternehmen könnte sich in einer schwierigen Lage mit schrumpfenden Gewinnen befinden, oder mit hohen Schulden, einem veralteten Geschäftsmodell sowie negativen Zukunftsaussichten kämpfen.

Das niedrige KGV ist in solchen Fällen kein Zeichen für ein Schnäppchen, sondern vielmehr ein Warnsignal. Der Kurs ist niedrig, weil die Erwartungen an zukünftige Gewinne ebenfalls niedrig sind oder sogar weiter sinken könnten. Wer hier blind zugreift, riskiert, in ein fallendes Messer zu greifen und lange auf eine Kurserholung zu warten – oder sogar Verluste einzufahren.

Das KGV als trügerischer Indikator

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist eine der beliebtesten Kennzahlen zur Bewertung von Aktien. Es setzt den aktuellen Aktienkurs ins Verhältnis zum Gewinn je Aktie.

Allerdings hat das KGV seine Grenzen:

  • Zukunfts- oder Vergangenheitsbezogen? Das Kürzel KGV wird auch oft auf die erwarteten Gewinne bezogen („KGV forward“, im englischen „Forward PE“ / „Forward Price Earnings“), also auf eine Prognose. Mitunter werden auch vergangene Gewinne herangezogen („KGV TTM“, das heißt „Trailing Twelve Month“). Es liegt auf der Hand, dass die Werte des „Forward KGV“ und des „KGV TTM“ für dasselbe Unternehmen stark abweichen können.
  • Branchenunterschiede: Die durchschnittlichen KGVs variieren stark zwischen verschiedenen Branchen. Ein niedriges KGV in einer Wachstumsbranche kann etwas anderes bedeuten als in einer reifen oder schrumpfenden Branche.
  • Einmalige Effekte? Sondereinnahmen oder -ausgaben können den Gewinn und somit das KGV verzerren.
  • Qualitative Faktoren? Das KGV berücksichtigt keine qualitativen Aspekte wie das Management, die Wettbewerbsposition oder technologische Innovationen.
  • Niedriger KGV-Wert als Warnzeichen? Bestehen neben gegenwärtigen auch zukünftige Herausforderungen und Strukturprobleme, bestehen oft auch signifikante Risiken, die die zukünftigen Ertragserwartungen eintrüben können.


Sich allein auf ein (niedriges) KGV zu verlassen, kann daher in die Irre führen und in eine „Value Trap“ locken.

Die „Value Trap“ und Geldanlage

Anleger sollten sich bei der Aktienauswahl nicht blind auf das KGV verlassen, besonders wenn das analysierte Unternehmen mit signifikanten Strukturproblemen kämpft. Besser ist eine umfassende Fundamentalanalyse – dazu gehören beispielsweise:

  • Analyse des Geschäftsmodells: Ist das Geschäftsmodell zukunftsfähig? Hat das Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil?
  • Bewertung der Bilanz: Wie steht es um die Verschuldung des Unternehmens? Gibt es ausreichend liquide Mittel? Daher sollte auch auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) geschaut werden.
  • Betrachtung der Cashflows: Generiert das Unternehmen nachhaltig positive Cashflows? Zur Absicherung einer fundierten Anlageentscheidung sollten neben dem KGV weitere Kennzahlen wie das Kurs-Cashflow-Verhältnis herangezogen werden.
  • Einschätzung des Managements: Ist das Management kompetent und vertrauenswürdig?
  • Berücksichtigung von Branchentrends: In welchem Marktumfeld agiert das Unternehmen? Gibt es disruptive Technologien oder veränderte Kundenbedürfnisse?


Mit diesen Merkmalen können Anleger die Wahrscheinlichkeit reduzieren, in „Value Traps“ zu investieren. Analysen helfen außerdem, Emotionen aus der Anlageentscheidung herauszuhalten und ermöglichen rationale Entscheidungen auf Basis von Daten zu treffen.

Dennoch gilt: Keine absolute Sicherheit

Auch wenn man ausgeklügelte Analysemethoden verwendet, gibt es keine absolute Sicherheit vor „Value Traps“ – wie auch vor allen anderen Fehlentscheidungen bei der Anlage. Märkte sind komplex und unvorhersehbar. Unerwartete Ereignisse oder sich schnell ändernde Rahmenbedingungen können auch gut analysierte Unternehmen in Schwierigkeiten bringen.

Fazit: Augen auf bei vermeintlichen Schnäppchen

Ein niedriges KGV kann ein erster Hinweis auf eine mögliche Unterbewertung sein, sollte aber niemals die alleinige Entscheidungsgrundlage für eine Investition darstellen. Die Gefahr einer „Value Trap“ ist real.

Vielmehr gilt es, eine tiefergehende Analyse durchzuführen, die auch andere finanzielle Indikatoren und die strategische Perspektive eines Unternehmens einbezieht. Nur so lässt sich das Risiko einer „Value Trap“ umgehen und eine langfristig erfolgreiche Anlage sicherstellen.