Die Lebensversicherung galt traditionell als Mittel der Wahl, um seine Nächsten im Todesfall finanziell abzusichern. Zugleich boten klassische Lebensversicherungspolicen als Geldanlage die Aussicht auf hohe Renditen. Allerdings haben sich die Zeiten geändert und die renditeträchtige Lebensversicherung hat sich hinsichtlich der Geldanlage in einen ertragsarmen Ladenhüter verwandelt. Aus diesem Grund verschwindet die klassische Lebensversicherung zunehmend aus dem Produktportfolio von Versicherungsunternehmen. Und Verbraucher suchen sich für die Altersvorsorge oder die Geldanlage inzwischen weitaus lukrativere Alternativen.
Eine Lebensversicherung dient überwiegend der Absicherung von Angehörigen beim Ableben des Versicherungsnehmers. Es handelt es sich demnach im ursprünglichen Sinn um einen aktiven Schutz der Hinterbliebenen. Diese Form der Versicherung hat sich in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts etabliert.
Aus dem reinen Anspruch, Angehörige nach dem eigenen Tod finanziell abzusichern, haben sich weitere Produkte rund um die Lebensversicherung ausdifferenziert. Heute gibt es deshalb viele verschiedene Varianten der Lebensversicherung, die sich anhand des Versicherungsfalles, der Kapitalbildung oder der Versicherungsleistung unterscheiden.
Grundsätzlich handelt es sich bei jeder Art der Lebensversicherung um eine Individual- und Personenversicherung. Mit dieser Police werden die Risiken in Bezug auf die Lebensdauer der versicherten Person abgesichert und das Versicherungsrisiko bezieht sich immer auf eine Person.
Art der Lebensversicherung | Verwendungszweck | Versicherungsfall | Kapitalbildung |
---|---|---|---|
Risikolebensversicherung | Absicherung von Immobilienkrediten, finanzielle Absicherung von Hinterbliebenen | Todesfall | keine |
Kapitallebensversicherung | Kapitalanlage, Altersvorsorge, Absicherung von Hinterbliebenen | Todesfall und Erlebensfall | ja, Auszahlung als Einmalbetrag |
Rentenversicherung | Altersvorsorge | Erlebensfall | Zahlung einer lebenslangen Rente |
Die vereinbarte Versicherungssumme der klassischen Kapitallebensversicherung wird entweder nach dem Ableben des Versicherungsnehmers an die Hinterbliebenen ausgezahlt oder der Versicherungsnehmer „erlebt“ den vertraglich vereinbarten Auszahlungstermin, an welchem er den Betrag erhält. Je nach Police kann der Auszahlungstermin im Erlebensfall individuell festgelegt werden. Viele Hausbesitzer koordinieren die Auszahlung ihrer Kapitallebensversicherung mit dem Begleichen der Schlussrate einer Immobilienfinanzierung. Denkbar ist ebenfalls eine Auszahlung zum Rentenbeginn.
Im Gegensatz zur Kapitallebensversicherung wird die vereinbarte Versicherungssumme bei einer Risikolebensversicherung erst beim Eintritt des versicherten Ereignisses ausgezahlt, also nach dem Tod des Versicherungsnehmers.
Die Auszahlung der privaten Rentenversicherung erfolgt in der Regel erst beim Eintritt des Versicherungsnehmers in das Rentenalter oder bei einer vorzeitigen Berufsunfähigkeit, sofern diese mit der Rentenversicherung abgedeckt ist.
Laut Daten des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gab es Stand 31.12.2016 über 20,7 Millionen Kapitallebensversicherungspolicen in Deutschland. Ihr Anteil an allen Lebensversicherungen betrug damit knapp 24 %. Die gesamte Versicherungssumme betrug fast 500 Milliarden Euro.
Deutlich geringer ist laut Zahlen des GDV der Anteil der fondsgebundenen Lebensversicherungen. Er betrug Ende 2016 lediglich 4,4 % bei knapp 3,7 Millionen Policen. Im Verhältnis dazu ist die Versicherungssumme mit über 110 Milliarden Euro sehr hoch.
Quelle: http://www.gdv.de/wp-content/uploads/2017/06/GDV-Lebensversicherung-in-Zahlen-2017.pdf
Unabhängig von der Art der Versicherungspolice ist das Prinzip immer ähnlich. Versicherungsnehmer zahlen monatlich einen vertraglich vereinbarten Betrag in ihre Police ein. Die Versicherungsunternehmen verwenden dieses Kapital, um es renditeträchtig anzulegen. Von den Überschüssen werden schließlich die Leistungen beglichen.
Im Fall einer Risikolebensversicherung müssen Versicherer nur dann Leistungen auszahlen, wenn der Versicherungsfall eintritt.
Bei Kapitallebensversicherungen erfolgt eine garantiere Auszahlung nach dem Ende der Laufzeit oder im abgesicherten Todesfall des Versicherungsnehmers.
Da es sich bei Lebensversicherungspolicen um langfristige Anlageprodukte handelt, haben Versicherer das angelegte Kapital meist in sehr sichere und gut verzinste Produkte wie Staatsanleihen investiert. Allerdings werfen diese Formen der Kapitalvermehrung heute nur noch sehr geringe Zinsen ab. Zugleich sind klassische Anleger von der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) betroffen, die Banken oder Versicherungsunternehmen keine Zinsen auf Kapitaleinlagen gibt.
Versicherungsunternehmen stehen vor allem bei kapitalbildenden Lebensversicherungen vor einem Dilemma. Denn sie haben bei vielen Verträgen Zinsen garantiert, die heute mit klassischen Kapitalanlagemöglichkeiten nicht mehr zu erzielen sind. Der Garantiezins der gängigen Kapitallebensversicherungen liegt inzwischen durchschnittlich bei unter 1 %. Somit wäre schon ein Teil der Frage beantwortet, ob Lebensversicherungen heute noch sinnvoll sind: Bei der derzeitigen Verzinsung definitiv nicht. Daher bieten auch die Versicherungen heute neue Renten- oder Lebensversicherungsprodukte an, die auf der Geldanlage in Aktien basieren.
Es gibt verschiedene Szenarien, in welchen Verbraucher über den Verkauf oder die Kündigung ihrer Lebensversicherung nachdenken. So kann es bei Hausbesitzern zu einem erhöhten Kapitalbedarf für Renovierungen oder Instandhaltungen kommen. Ebenso können finanzielle Engpässe bei Arbeitsplatzverlust oder Berufsunfähigkeit entstehen, die mit dem Geld aus der Police gelindert werden könnten. Andere Versicherungsnehmer sind vielleicht einfach nur unzufrieden mit der mageren Rendite, die ihre Lebensversicherung verspricht.
Doch ganz gleich, wie drängend der Finanzierungsbedarf ist: Eine Kündigung oder vorzeitige Auszahlung der Kapitallebensversicherung sollte gut überlegt sein. Denn ein Ende vor der vereinbarten Laufzeit ist immer mit Verlusten verbunden. Und diese gilt es beim Verkauf oder der Kündigung so gering wie möglich zu halten.
Faustregel: Wer eine Kapitallebensversicherung schon länger als 5 Jahre hält, sollte diese am besten nicht kündigen, da die Verluste sonst zu hoch sind. Denn in den ersten Jahren der Versicherungslaufzeit werden in der Regel zunächst die Abschluss- und Verwaltungsentgelte in größerem Umfang getilgt. Der Anteil an der Versicherungssumme steigt erst deutlich nach ein paar Jahren.
Eine wichtige Rolle bei der Kündigung oder der Veräußerung einer Lebensversicherung spielt der sogenannte Rückkaufswert. Dabei handelt es sich um den Wert, den eine Versicherungspolice hat, wenn sie an das Versicherungsunternehmen oder einen Ankäufer veräußert wird. Grundsätzlich gilt: Je länger in die Lebensversicherung eingezahlt wurde, desto höher fällt der Rückkaufswert aus.
Darüber hinaus beeinflusst die Art des Versicherungsvertrags die Berechnung des Wertes. Außerdem spielen die Garantieverzinsung sowie die mit dem Vertrag verbundenen Abschlusskosten eine Rolle. Darüber hinaus werden bei einer vorzeitigen Kündigung Stornierungsentgelte fällig, die den Rückkaufswert schmälern.
Wenn nun für die Lebensversicherung ein Rückkaufswert ermittelt wird, liegt dieser deutlich unter dem eigentlichen Versicherungswert oder dem Betrag, der am Ende der Laufzeit ausgezahlt würde. In manchen Fällen ist eine vorzeitige Kündigung finanziell besonders schmerzlich, da die Versicherer für den Auszahlungstermin meist eine Schlussverzinsung vereinbaren, die oftmals bei bis zu 20 % liegt. Bevor die Anbieter die Lebensversicherung auszahlen, wird dann der Schlusszins hinzugerechnet. Dieser 20-Prozent-Bonus entfällt bei einem Rückkauf.
Grundsätzlich können nur Kapitallebensversicherungen zu einem Rückkaufswert verkauft werden. Bei Risikolebensversicherungen entfällt diese Möglichkeit.
Wenn sich Versicherungsnehmer trotz einkalkulierter Verluste dennoch für einen Verkauf oder eine Kündigung ihrer Lebensversicherung entscheiden, stehen ihnen zwei Möglichkeiten offen:
Ein Rückkauf durch das Versicherungsunternehmen geht relativ einfach vonstatten. Denn der Rückkauf ist nichts anderes als die Abwicklung der Kündigung. Der Ablauf im Detail:
Kündigung der Versicherung durch den Versicherungsnehmer: Feste Kündigungsfristen gibt es bei Kapitallebensversicherungen in der Regel nicht. Die Kündigung muss aber in schriftlicher Form erfolgen.
Prüfung der Kündigung und Ermittlung des Rückkaufswerts: Das Versicherungsunternehmen ermittelt den Rückkaufswert und zieht davon mögliche Stornogebühren oder Gebühren für die Verwaltung ab.
Auszahlung des Rückkaufswerts: Nach der Unterzeichnung des Rückkaufsvertrags erhält der Versicherungsnehmer den Rückkaufswert ausgezahlt.
Bei kurzfristigem Finanzbedarf muss eine Lebensversicherung nicht zwingend gekündigt oder verkauft werden. Mit einem sogenannten Policendarlehen kann die Versicherung beliehen werden. Dabei wird die Versicherungssumme als Sicherheit verwendet und ein Teil davon für das Darlehen genutzt, das vom Versicherungsnehmer zurückgezahlt werden muss. Ein Vorteil ist zwar die häufig attraktive Verzinsung. Doch tatsächlich sind Policendarlehen immer mit zusätzlichem Verlust verbunden.
Wenn die finanziellen Mittel von Versicherungsnehmern kurz- oder mittelfristig nicht mehr ausreichen, um die Versicherungsprämien zu begleichen, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, ohne dass der Versicherungsvertrag gleich gekündigt werden muss:
Wichtig: Prüfen Sie bei einer Reduzierung oder Aussetzung von Beiträgen unbedingt im Vorfeld, ob Ihr Versicherer dann eine sogenannte „Novation“ der Police einleitet. Eine solche Vertragserneuerung ist unvorteilhaft, wenn danach die Bedingungen für Verträge ab dem 01. 01.2005 gelten und Sie später bei der Auszahlung des Betrages Kapitalertragssteuer zahlen müssen.
Nur in Ausnahmefällen sollten Sie Ihre Lebensversicherung auflösen. Zum einen erheben Versicherungen für vorzeitige Kündigungen Entgelte. Und zum anderen können durch die vorzeitige Auszahlung höhere Steuern fällig werden. Die steuerliche Belastung wird für Sie besonders hoch, wenn Ihre Lebensversicherungspolice nach 2005 abgeschlossen wurde.
Vor einer Auszahlung des Rückkaufswerts sollten Sie immer prüfen oder von Ihrem Versicherungsanbieter prüfen lassen, ob Steuerforderungen entstehen können. Das gilt insbesondere für Verträge, die vor 2005 abgeschlossen wurden.
Wichtig: Wenn Sie Riester- oder Rürup-Versicherungsverträge nutzen, sind Stornokosten zulässig und können somit möglicherweise von der Versicherung verlangt werden. Darüber hinaus müssen erhaltene Zulagen zurückgezahlt werden. Rürup-Renten können außerdem nicht gekündigt werden. Es ist lediglich eine Umstellung auf Beitragsfreiheit möglich.
Wer heute auf das eingezahlte Kapital seiner Lebensversicherungspolice zugreifen möchte, kann prüfen, ob sein nach 2004 abgeschlossener Vertrag eine fehlerhafte Widerrufsklausel enthält. Dort muss festgeschrieben sein, innerhalb welchen Zeitraumes der Vertrag nach der Unterzeichnung widerrufen werden kann.
Haben Verbraucher zum Beispiel erst vor wenigen Jahren eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen und festgestellt, dass diese nur sehr wenig Rendite abwirft, können sie den Vertrag auf mögliche Fehler im Widerrufsrecht prüfen lassen. Fehlt zum Beispiel eine Widerrufsklausel oder weist diese Mängel auf, ist eine Vertragskündigung theoretisch sofort möglich.
Allerdings sollten Versicherungsnehmer immer genau prüfen, welche Vorteile sie im Falle einer Kündigung verlieren, und ob es nicht sinnvoller ist, die Police zu verkaufen oder ruhen zu lassen.
Auch wenn der Ruf der Kapitallebensversicherung als renditeträchtiges Finanzprodukt bis heute in den Köpfen vieler Sparer nachhallt, sind die tatsächlichen Ertragsmöglichkeiten doch eher gering. Bei Garantiezinsen von 1 % und weniger können Sparer kaum sinnvoll Geld anlegen.
So zeigen zum Beispiel aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes, dass die Verbraucherpreise im Dezember 2017 um mehr als 1,5 Prozent höher waren als im Vorjahr. Für eine Geldanlage mit einer geringeren Verzinsung würde das bedeuten, dass sie faktisch nicht an Wert gewinnt. Eine Kapitallebensversicherung würde aktuell die steigende Inflation nicht decken können.
Sinnvoll ist eine Kapitallebensversicherung heute für Sie nur noch, wenn Ihre Police älter ist und am besten vor dem 31.12.2004 unterzeichnet wurde. Eventuell könnten sich für Sie staatlich geförderte Lebensversicherungen in Form von Rentenversicherungen lohnen. Die Versicherungen bieten aufgrund der Niedrigzinsphase keine Kapitallebensversicherung mit Garantiezins mehr an. Dafür haben sie neue Produkte in der privaten Rentenversicherung etabliert, bei denen das in die Policen eingezahlte Kapital in Aktienfonds investiert wird. Diese höheren Ertragschancen sind jedoch auch hier mit einem höheren Risiko verbunden.
In Zeiten von niedrigen Zinsen verspricht die Geldanlage in Aktien bzw. Fonds einen höheren Ertrag. Dabei gilt es jedoch zu bedenken, dass das Risiko mit steigender Renditechance sich ebenfalls erhöht. Einen Garantiezins, wie er vor allem bei älteren Kapitallebensversicherungsverträgen vorhanden war, gibt es bei modernen Geldanlagen nicht. Sie müssen sich Ihrer eigenen Risikobereitschaft bewusst sein und sich über mögliche Gefahren und Chancen einer Geldanlage eingehend informieren.
Allerdings sind Sie mit modernen Anlageformen deutlich freier in der Wahl Ihrer Produkte und können Ihren Kapitalstock flexibler an Ihren Bedarf und Ihre vorhandenen finanziellen Mittel anpassen. Der erste Weg zur Chance auf höhere Renditen kann zum Beispiel über ein Depot führen. Damit können Sie zum Beispiel in ETFs investieren oder Fonds in Ihr Portfolio aufnehmen. Für Sparer bietet sich das regelmäßige Einzahlen kleiner Beträge in einen Aktien- oder Fondsparplan an. Doch auch hier sollten Sie sich nicht auf möglichen Gewinnen ausruhen, denn durch die Bindung an Aktien sind auch Verluste möglich.
Grundsätzlich sollten Sie darüber nachdenken, sich nicht mehr nur auf eine Anlageform wie eine klassische Lebensversicherung zu konzentrieren, sondern das Anlageportfolio zu diversifizieren. Fonds und Sparpläne bieten dafür beste Voraussetzungen und in der Regel eine höhere Rendite als Lebensversicherungen.
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